Seefahrt, Heimweh, Liebe, Meer

Johannes Kirchberg – „Wie einst Lili Marleen“

von Frank Becker

Seefahrt, Heimweh, Liebe, Meer
 
Ein Gedächtnisalbum für Hans Leip
 
Es gibt Dinge, die man auch bei besten Absichten nicht ändern sollte. Das verhält sich bei bewährten Systemen und erfolgreichen Teams erfahrungsgemäß so – und es gilt auch in diesem Fall, einer Neukomposition zu einem der bekanntesten Lieder der Welt. Die Rede ist von Hans Leips Ballade „Wie einst Lili Marleen“, die er 1915 schrieb und die nach womöglich mehreren unüberlieferten Vertonungen im Jahr 1937 von Norbert Schultze ihre end- und allgemeingültige Melodie bekam. 1939 wurde das Lied von Lale Andersen für eine Electrola-Schallplatte gesungen, die legendär wurde. Diese Fassung ging als Heimwehhymne während des Zweiten Weltkriegs über alle Soldatensender an allen Fronten und von Freund wie Feind geliebt um die Welt. Hört man nur den Titel nennen, hat man Lale Andersens Stimme und die Melodie im Ohr.

Soviel zur Vorrede, damit Sie verstehen, weshalb ich mich mit der musikalischen Neufassung Johannes Kirchbergs, die sein Album in zwei Fassungen rahmt, für sein aktuelles Hans Leip-Album nicht anfreunden kann. Beim ersten Anhören habe ich den CD-Spieler mit dem Gedanken Sakrileg sofort ausgeschaltet. Später dann, nach nochmaligem mehrfachem Abspielen, kann ich Johannes Kirchberg zwar bescheinigen, daß er eine griffige, durchaus nicht unpassende Melodie geschrieben hat – sogar mit Billigung der ausdrücklichen Genehmigung der Erbengemeinschaft Hans Leip –, aber „Lili Marleen“ ist und bleibt untrennbar mit Norbert Schultze (und Lale Andersen) verbunden.
 
Doch das Hans Leip-Album von Johannes Kirchberg hat noch 15 weitere Lieder des Dichters der „Lili Marleen“ zu bieten, die es zu entdecken gilt. Johannes Kirchberg hat den zuvor ebenfalls von Schultze und Leip selbst vertonten Gedichten eine neue, eigene Musik mitgegeben, die nicht mit der kollektiven Melodie-Erinnerung kollidiert. Mit einem kleinen Ensemble aus Alexander May (Klarinette) und Holger Engelhardt (Violine) hat Kirchberg am Klavier diese Lieder rund ums Meer, die Seefahrt, Heimweh und die Liebe eingespielt – ein Schatz schöner Texte und eingängiger Melodien, zugleich eine Verneigung vor einem fast vergessenen Dichter, dessen Gedichte und Romane es wert wären, auch von einer größeren Lesergemeinde wiederentdeckt zu werden.
 
Johannes Kirchberg – „Wie einst Lili Marleen“
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Johannes Kirchberg (Gesang, Flügel, Komposition) - Alexander May (Klarinette) - Holger Engelhardt (Violine)
 
1. Lili Marleen - 2. O Jonny - 3. Habmichlieb - 4. Schnee, der uns bedeckt - 5. Große Fahrt - 6. An meine Töchter - 7. Denn Du weißt - 8. Die Versuchung - 9. Gedenken - 10. Muschemusch - 11. Von der Freundschaft - 12. Mädchenabschied am Hafen - 13. Ruderlied - 14. Herbstlied zu zweien - 15. Alte Liebe - 16. Heimweh - 17. Lili Marleen 2
Gesamtzeit:46:23
 
Weitere Informationen: www.johannes-kirchberg.de